Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen

Busexkursion des Arbeitskreises für Heimatforschung
Marktleuthen am 27. August 2000

Der mit 32 Exkursionsteilnehmern dieses Mal leider nicht voll besetzte Bus startete in Markleuthen um 7.30 Uhr zu einem Ausflug nach Mittelfranken, wo besonders die Ursprünge der Hohenzollernherrschaft in Franken im Mittelpunkt standen. Nach einer kurzen Pause in der Autobahnraststätte „Fränkische Schweiz“ bei Pegnitz, wurde die erste Station der Exkursion, die Burg Abenberg, angefahren. Im Burghof erwartete uns Dr. Daniel Burger, der uns von nun an als sachkundiger Führer begleitete. In Abenberg selbst übernahmen zwei Damen aus dem Museum die Führung, zu welcher die Gruppe in zwei Teile getrennt wurde.
Die Burg Abenberg war der namengebende Stammsitz des alten fränkischen Grafenhauses v. Abenberg. Im 12. Jahrhundert erscheinen dieselben als Schutzvögte des Bamberger Bistums und als Grafen im Radenz- und Rangau. Bei Grabungen im Burghof sind die Reste eines mächtigen steinernen Wohnturms freigelegt worden, dessen Grundmauern sich heute noch in der gesandeten Fläche abzeichnen. Dies sind die einzigen Relikte, die sich aus der Zeit der um 1200 ausgestorbenen Abenberger erhalten haben. Das Erbe der Grafen von Abenberg traten die zollerischen Burggrafen von Nürnberg an, welche in den Jahren von etwa 1220 bis 1250 um den alten Abenberger Wohnturm herum eine mächtige Burganlage anlegen ließen. Von dieser zollerischen Burg ist die Ringmauer noch vollständig erhalten. An der Südostecke springt die Mauer im rechten Winkel ein. Dieser Winkel hatte den Zweck, das Burgtor von Norden her bestreichen zu können. Das Tor liegt in der Ringmauer, ist spitzbogig und einmal gestuft. Im Scheitel der Stufe sitzt ein Kopf, ein weiterer über demselben.
Die frühgotischen Wohnbauten der burggräflichen Burg waren von innen an die Ringmauer gebaut. Sie sind alle abgebrochen. Ihre Lage zeigt sich nur noch durch die Fensteröffnungen bzw. durch die Ausgänge auf Aborterker in der Ringmauer. Der heutige Wohnbau an der Ostseite des Berings - das sogenannte Pfleghaus - stammt aus spätgotischer Zeit und trägt das Wappen des Eichstätter Bischofs Wilhelm von Reichenau (1464 - 1496). 1296 war der Burgflecken Abenberg mit allen Zugehörungen durch Kauf um 4000 Pfund Heller von Burggraf Konrad den Frommen von Nürnberg an den Bischof Reinboto von Eichstätt gelangt. Fortan war die Burg der Sitz eines Eichstätter Pflegamtes, welches im 18. Jahrhundert mit dem Pflegamt Wernfels vereinigt wurde. 1662 wurden alle Gebäude innerhalb der Ringmauer bis auf das spätgotische Pflegerhaus abgebrochen. 1796 wurde Abenberg infolge der Hardenbergischen Revinidkationsmaßnahmen von Preußen annektiert und der preußischen Provinz Ansbach einverleibt, in deren Territorium sie bisher eine eichstättische Inklave gebildet hatte. 1806 ging Abenberg zusammen mit Ansbach an Bayern über.
Nachdem man den Turm im Westen der Burg um 1830 bis auf Ringmauerhöhe abgetragen worden war, ließ ihn der Münchner Kunsthändler, der die Burg um 1875 erworben hatte, als „Luginsland“ in nie gekannter Höhe wieder aufmauern. Er fügte der Ringmauer auch den „Otmarsturm“ und das „Stillatürmchen“ über dem Burgeingang hinzu und richtete das Pfleghaus historisierend ein. Ähnlich baufreudig war der Opernsänger Frh. Anton v. Schott, der 1884 den seitem dominanten Schottenturm auf der Nordseite errichtete. Der Burg im Süden vorgelagert ist der sogenannte Turnieranger. Bei diesem Platz handelt es sich um eine burgenkundliche Besonderheit, wird ihm doch schon in dem um 1200 entstandenen Gralsepos „Parzival“ des Wolfram von Eschenbach ein literalisches Denkmal gesetzt, indem darin die öde Gralsburg „Munsalvaesche“ mit dem nach dem Aussterben der Abenberger gleichfalls öden Anger zu Abenberg verglichen wird:

In die burc der küene reit,
ûf einen hof wît unde breit.
durch schimpf er niht zetretet was
(dâstuont al kurz grüene gras:
dâ was bûhurdiern vermiten),
mit baniern selten überriten,
alsô der anger ze Abenberc.
selten vroelîchiu werc
was dâ gevrümt ze langer stunt:
in was wol herzen jâmer kunt.

Nach der Außenbesichtigung der Burg ging es dann in das „Haus der Fränkischen Geschichte“, das im Pfleghaus untergebracht ist. Unter Einbeziehung der Burggeschichte werden hier die Themen Franken im Mittelalter, die Territorienentwicklung und -Zersplitterung und die Zeit der Glaubenskämpfe in Franken anhand verschiedener Inszenierungen dargestellt. Eine Sonderausstellung informierte über das Kochen und Essen im Mittelalter. Allgemeine Kritik erregte der häßliche Neubau, der dem spätgotischen Pfleghaus in jüngster Zeit vorgebaut wurde und dieses etwa zur Hälfte verdeckt. Auch die aus dem späten 18. Jahrhundert stammende Schloßscheune wurde so wenig denkmalgerecht renoviert, daß sie heute wie ein Neubau erscheint.
In Wolframseschenbach wurde zunächst einmal zu Mittag gegessen. Schon bei der Fahrt zur Gaststätte war die noch vollständig erhaltene Stadtmauer mit ihren zahlreichen, meist eckigen Türmen und den zwei Stadttoren aufgefallen. Der Ort war einst im Besitz der Grafen von Wertheim, welche im zweiten Jahrzeht des 13. Jahrhundert die Pfarrkirche mit allem Zubehör an den Deutschen Orden übertrugen. Bald darauf ging Eschenbach ganz in den Besitz des Deutschen Ordens über; 1332 erwirkte Landkomtur Heinrich von Zipplingen von Kaiser Ludwig dem Bayern die Erlaubnis aus dem Markt Eschenbach eine Stadt zu machen und sie mit Steinwerk, Holzwerk und Gräben zu umgeben. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts hörte Eschenbach auf, eine eigene Komturei zu sein und wurde mit der Komturei Nürnberg vereinigt. Später unterstand es unmittelbar dem Landkomtur der Ballei Franken in Ellingen. Aus diesem Grund lebten keine Ordensritter in Eschenbach, der Ordensbesitz wurde von einem Vogt verwaltet. Allerdings wurde 1623 als Absteigequartier des Landkomtur am Markt, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche und zum alten Rathaus, ein Schloß gebaut. Das aus Sandstein errichtete Gebäude ist mit zwei polygonen Eckerkern und einem geschweiften zweigeschossigen Giebel geschmückt. Das 1. Obergeschoß des Gebäudes ist mit den Wappen des Landkomturs Johann Eustach v. Westernach (1612-1625) und eines Ordensritters aus dem Geschlecht der Türheim geschmückt. Darüber befindet sich das große Steinwappen des Deutschmeisters Erzherzog Karl (1618-1624).
Der berühmteste Sohn der Stadt ist ohne Zweifel Wolfram von Eschenbach (+ um 1220), der Meister der höfischen Epik. Im 19. Jahrhundert wurde heftig darüber diskutiert, aus welchem Eschenbach er denn überhaupt stamme. Das oberpfälzische Eschenbach südlich von Kemnath und das mittelfränkische Ober-Eschenbach südöstlich von Ansbach wurden in die engere Wahl gezogen. Schließlich verdichteten sich die Spuren des Sängers, die nach Mittelfranken führen. Einerseits nennt er in seinen Hauptwerken „Parzival“ und „Willehalm“ des öfteren Orte in der Nähe des heutigen Wolframseschenbach, andererseits ist hier seit 1268 eine Familie „v. Eschenbach“ bezeugt, in der mehrfach der Vorname „Wolvelinus“ auftaucht. Schließlich berichtet Jakob Püterich v. Reichertshausen 1462 von Wolframs heute verschwundenen Grab in der Frauenkirche zu Eschenbach. 1608 überliefert Hans Wilhelm Kreß sogar die Inschrift des damals noch vorhandenen Epitaphs: „Hie ligt der Streng Ritter herr Wolffram von Eschenbah ein Meister Singer“. So wurde 1861 auf dem Marktplatz ein von König Maximilian II. von Bayern gestifteter Brunnen mit einer Wolfram-Plastik aufgestellt und seit 1917 heißt das Städtchen offiziell Wolframseschenbach.
Das nächste Ziel war die ehemalige Nürnbergische Festung Lichtenau. Als Keimzelle des gleichnamigen Marktfleckens, ist eine im späten 11. oder 12. Jahrhundert erbaute Wasserburg anzusehen. Bei seiner ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1246 war der Ort im Besitz Rudolfs v. Dornberg. Als diese Familie 1288 ausstarb gelangte Lichtenau an die verschwägerten Herren v. Heideck. Nachdem Friedrich v. Heideck 1386 Nürnberger Bürger geworden war, sicherte er der Reichsstadt das Öffnungsrecht über seine Burg Lichtenau zu; der Nürnberger Rat betrachtete die Burg seitdem als militärischen Stützpunkt gegen die zollerischen Burggrafen, bis sie 1482 schließlich in Nürnberger Stadtbesitz überging. 1552 wurde die alte Wasserburg Lichtenau durch Truppen Markgraf Albrecht Alcibiades’ zerstört. 1552 wurde mit dem Wiederaufbau der Wasserburg begonnen. Den Arbeiten wurden Pläne des Maltesers Antonio Fazzuni aus der Zeit um 1538 zugrunde gelegt, die jedoch nur sehr schleppend in die Tat umgesetzt wurden. Als die Festung dann endlich zu Beginn des 17. Jahrhunderts fertiggestellt wurde, war sie fortifikatorisch bereits heillos veraltet.
Die Festung Lichtenau zählt zu den wenigen pentagonalen Festungswerken Bayerns. An den Kehlen der sehr langen Kurtinen finden sich geradezu winzige kasemattierte Bastionen. Die Wallinnenseite besticht durch die architektonisch kunstvoll gegliederten zweigeschossigen Kasematteneinbauten mit Ecktürmchen und Kavalieren. Von dem einstmals vierflügelig geplanten Schloß im Zentrum der Festung wurde nur der Südflügel ausgeführt. Heute ist im Schloß sowie in den ehemaligen Wohnkasematten über den Bogengängen eine Außenstelle des Staatsarchivs Nürnberg untergebracht.
Als nächtstes Ziel wurde das nahegelegene Kloster Heilsbronn angefahren. Das Kloster war 1132 durch Bischof Otto von Bamberg auf einem von den Grafen von Abenberg erworbenen Gut in Halesprunnen errichtet worden. 1141 wurde das junge Kloster Haholdesbrunnen dem Zisterzienserorden einverleibt und durch Mönche aus Ebrach besetzt. Die Nennung von 1141 weist darauf hin, daß sich der Ortsname nicht von einem heilkräftigen Brunnen, sondern vom Personennamen Hahold ableitet. Bis zu ihrem Aussterben hatten die Grafen v. Abenberg die Vogtei über das Kloster inne. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts finden sich dann die mit den Abenbergern verschwägerten zollerischen Burggrafen von Nürnberg in diesem Amt, aus dem dann schließlich die Territorialherrschaft der Zollern über das Kloster erwuchs. Diese nutzten die in den Jahren 1132-1139 erbaute romanische Klosterkirche als Erbgrablege. Burggraf Friedrich III. war 1297 der erste, der in der Basilika zu Heilsbronn bestattet wurde. 1525 wurde das Kloster durch Markgraf Georg den Frommen säkularisiert. 1581 ließ Markgraf Georg Friedrich in den alten Klostergebäuden die berühmte Heilsbronner Fürstenschule einrichten, die jedoch 1736 nach Ansbach verlegt wurde.
Das letzte Ziel des Tages war die Cadolzburg bei Fürth. Wie archäologische Ausgrabungen bestätigt haben, wurde die Burg kurz vor 1150 an der Stelle eines Friedhofes aus dem 11./12. Jahrhunderts gegründet. Ihre erste urkundliche Erwähnung findet sie schon bald danach in dem 1157 erscheinenden Helmericus de Kadoldesburc, der ein Vasall der Grafen von Abenberg gewesen ist. Gemeinsam mit der Burg Abenberg ging auch Cadolzburg nach dem Aussterben der Abenberger um 1200 an die Nürnberger Burggrafen über. Diese ließen kurz vor 1250 einen Neubau aufführen, der eine ähnliche Konzeption zeigt, wie die Burg Abenberg: Eine hohe, mehrfach polygon gebrochene Ringmauer bildete das Hauptelement. Die Funktion des Bergfrieds wurde durch den schlanken Torturm übernommen. Gegen die Innenseite der Ringmauer lehnten sich mehrere Gebäude, darunter der Palas, der sich an der Nordostseite erhob und später in das sogenannte „Neue Schloß“ integriert wurde. Viele Steinmetzzeichen, die sich auf den Quadern des zollerischen Neubaues finden, sind mit denen von Abensberg identisch.
Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts entwickelte sich die Cadolzburg zum bevorzugten Aufenthaltsort der Burggrafen von Nürnberg. Im frühen 15. Jahrhundert erbaute Kurfürst Friedrich I. von Brandenberg das sogenannte „Alte Schloß“, das durch einen kurzen Quertrakt, der die Burgkapelle enthält, an den staufischen Palas reichte. Sein Sohn Kurfürst Albrecht Achilles ließ die Hallen im 1. Stockwerk des Alten Schlosses einwölben und mit spätgotischen Erkern versehen. Um 1500 wurde auf der Ostseite des Alten Schlosses ein großer Wirtschaftsanbau errichtet, von dem sich noch große sogenannte „Ochsenschlot“ erhalten hat. Dieses Gebäude reichte ursprünglich bis an die südöstliche Ringmauer. Um 1580 wurde das alte Gebäude um die Herdstelle ganz oder teilweise abgebrochen und durch einen kleineren Neubau ersetzt, so daß es sich bei dem heutigen Küchenbau nur um den Teil eines einst wesentlich größeren Küchengebäudes handelt. Das sogenannte Neue Schloß, in welchem sich heute noch - wenn auch durch die jüngsten Eingriffe stark entstellte - Reste des frühgotischen Palasbaues erhalten haben, erhielt sein Renaissance-Gesicht in den Jahren 1584-1606.
Bei den Gefechten um die Stadt der Reichsparteitage Nürnberg wurde die Cadolzburg am 17. April 1945 in Brand geschossen. Da sich das historische Gebäude im Bereich der Frontlinie befand, war an Löscharbeiten nicht zu denken. So wurde eine der schönsten und bedeutendsten deutschen Burganlagen noch kurz vor seinem Ende einem sinnlosen Krieg geopfert. Neben den wertvollen Interieurs der Burg gingen zahllose, aus den Museen der Stadt Nürnberg hierher ausgelagerte Kunstschätze in den Flammen unter. In den 80er Jahren wurde damit begonnen die Burganlage zu restaurieren um sie einer musealen Neunutzung zuzuführen. Die hierzu erforderlichen Umbau- und Sicherungsmaßnahmen erfolgten ohne vorhergehende fachgerechte Bauanalyse, so daß die Baumaßnahmen bald in die öffentliche Kritik gerieten. Daß auch heute noch unsachgemäß mit der historischen Bausubstanz der Cadolzburg umgegangen wird, zeigt die Bresche, die jüngst wegen vermeintlicher statischer Probleme trotz des Widerstandes anderer Bausachverständiger in die Südostecke der staufischen Ringmauer gelegt wurde. In Zunkunft soll die Cadolzburg als ein Deutsches Burgenmuseum genutzt werden; Dr. Daniel Burger, der sich uns freundlicherweise als Führer zur Verfügung gestellt hatte, ist zur Zeit als Projektleiter mit der Konzeption dieses neuen Museums im Auftrag des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg beschäftigt. Ihm ist es zu verdanken, daß wir in die bis zur Fertigstellung der Renovierungsarbeiten nicht für die Öffentlichkeit zugängliche Cadolzburg Einblick nehmen konnten.

Kulmbach, den 13.09.2000

Harald Stark, 1. Vors.
Rußbuttenträger an der Egerbrücke in Marktleuthen