Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen

 

Burgen im nördlichen Egerland

 

Der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober bescherte den Martleuthener Heimatforschern blendendes Herbstwetter, das sie bei ihrer Busexkursion zu Burgen im Egerland bis zum Abend begleitete. Über Selb und Asch ging es nach Neuberg (Podhradí u Aše), wo uns Herr Heinrich, der deutschstämmige Kirchenpfleger begrüßte und uns allerlei interessantes über die evangelische Kirche „Zum guten Hirten“ erzählte, die ob ihrer komplett erhalten gebliebenen Ausstattung aus dem frühen 18. Jahrhundert zurecht als ein besonderes Schatzkästlein im Egerland gilt. Pfarrer Pfarrer P. Kucera, der evangelische Pfarrer aus Asch, der für die schmucke Kirche in Neuberg zuständige Geistliche, berichtete uns anschließend über die aktuelle Lage der evangelischen Kirche in der Tschechischen Republik.
Nach der Besichtigung des Gotteshauses nahm Karel Halla, der Leiter des Bezirksarchivs Eger, der die Fahrt für die Marktleuthener Heimatforscher organisiert hatte, das Wort und führte uns über das ausgedehnte Gelände des 1902 durch einen Brand vernichtete Schloss Neuberg zur Ruine der mittelalterlichen Burg Neuberg, dem Stammsitz der gleichnamigen Familie, deren Besitz einst bis Bad Elster und Adorf in Sachsen und Schönlind, Neuhausen, Reichenbach, Lauterbach und Wildenau bei Selb ausgriff. Sie hatten die Burg, von der sich bis heute vor allem der Bergfried erhalten hat, um 1200 gegründet. Nachdem die Familie mit Konrad von Neuberg um 1395 ausgestorben war fiel die Herrschaft an die verschwägerten, aus dem Regnitzland um Hof stammenden Herren von Zedtwitz. Diese nahmen in der Reformationszeit den lutherischen Glauben an und konnten ihr religiöses Bekenntnis auch über die Zeit des Dreißigjährigen Krieges hinaus retten. So blieb der „Ascher Zipfel“ evangelisch, während im südlich anstoßenden Egerland die katholische Religion vorherrschte.

Die Kirche in Neuberg erhielt bei unserem Besuch gerade ein neues Dach
Die Neuberger Kirche zählt zu den schönsten Gotteshäusern im Egerland
 
Blick über das Ruinengelände des Schlosses Neuberg
In den Ruinen des Schlosses Neuberg

Die Burg in Haslau (Hazlov) war es, welche die Marktleuthener Heimatforscher im Jubiläumsjahr 2014 dazu bestimmte, ihre diesjährige Busexkursion zu Burgen im Egerland zu unternehmen. Von hier stammte nämlich der Ritter Konrad von Haslau, aus dessen Besitz vor 700 Jahren Güter in „Leuken“ an das Kloster Waldsassen übergegangen waren. 1224 hört man erstmals von einem „Fridericus miles de Haselah“, der – wie sein Wappen erkennen läßt – wahrscheinlich aus der Familie von Neuberg stammte und sich im Norden des Egerlandes eine eigene Burg errichtet hatte. Die Kirche, die für uns ihre Pforte geöffnet hatte, ist wohl aus einer romanischen Burgkapelle hervorgegangen, von der noch das mit einem Rundbogenfenster versehene Turmuntergeschoss erhalten geblieben ist. Die heutige Kirche entstand 1687/88 unter dem Einfluss der Jesuiten in Eger. Die drei prächtigen Akanthusaltäre aus dem frühen 18. Jahrhundert wurden um 1900 umgestaltet und erstrahlen seit 2012 in neuem Glanz. Im Gegensatz zur gut erhaltenen Kirche ist das um sie herum errichtet Schloss zu einer bröckelnden Ruine zusammengesunken, deren Abbruch schon seit längerem im Gespräch ist.

Die Haslauer Kirche steht inmitten der Schlossruine
Blick ins Innere der Haslauer Kirche
Innenhof der Haslauer Schlossruine
Innenhof der Haslauer Schlossruine

In Liebenstein (Libá) ging es zunächst ins Mittagessen. Am Nachmittag hatten wir dann die Gelegenheit die von der aus der Gegend um Tirschenreuth stammenden Adelsfamilie der Liebensteiner gegründeten und 1264 als „Nuen libenstein“ - und damit vor 750 Jahren – erstmals erwähnte Burg zu besichtigen. Karel Halla ließ die bewegte Geschichte Liebensteins vor uns Revue passieren. Auch Schloss Liebenstein gelangte im frühen 15. Jahrhundert an die Familie von Zedtwitz, die es bis 1945 bewohnte. Heute gehört Burg Liebenstein dem Moskauer Geschichtsprofessor Vladimir Grinev, der bis jetzt 50 Millionen Kronen investierte um das verfallene Bauwerk wieder erstehen zu lassen.

Die Außensanierung des Schlosses Liebenstein ist schon fast abgeschlossen
Die Eskursionsteilnehmer lauschen Karel Hallas Ausführungen über Liebenstein
Im Obergeschoss des Schlosses wurde die historische Raumaufteilung aufgegeben
Die reich gestalteten Räume im Erdgeschoss wurden aufwändig restauriert
Die nahe Burg Seeberg (Ostroh) ist wohlerhalten und beherbergt heute eine Zweigstelle des Franzensbader Museums, mit Porzellan und Interieurs aus dem 19. Jahrhundert; eine „Folterkammer“ darf natürlich auch nicht fehlen. Seeberg gehört zu den jüngsten Burgengründungen im Egerland; erst 1322 erscheint „Seberg“ unter den zusammen mit der Stadt Eger und dem Egerland durch Ludwig den Bayern an Böhmen verpfändeten Burgen. Nach der Besichtigung der Burg überquerten wir auf einer Fußgängerbrücke das tiefe Tal eines Baches um die jenseits davon gelegene Seeberger St. Wolfgangs-Kirche zu besichtigen. Die um 1470 durch Kaspar Juncker gestiftete Kirche wurde in den Jahren 1722 bis 1724 durch einen barocken Neubau ersetzt. Obwohl die Kirche nach 1946 als Lagerraum benutzt und dem allmählichen Verfall preisgegeben wurde, ist von der historischen Ausstattung noch einiges vorhanden. Der spätgotische Seeberger Flügelaltar befindet sich seit 1870 in der Obhut des Egerer Museums. Der 1657/58 vom Egerer Kunsttischler Erhard Eck gefertigte Hauptaltar ist noch vor Ort. Im polygonalen Chorraum stehen außerdem noch das Chorgestühl aus dem 17. Jahrhundert und die 1667 gefertigte, allerdings ihrer Reliefs beraubte Kanzel; rings um den Hauptaltar sind Marmor-Epitaphe aus den Jahren 1584 bis 1685 aufgestellt. Alle erhaltenen Ausstattungsstücke und Grabmäler wurden von einer örtlichen Initiative um den 2. Bürgermeister von Seeberg, Roman Caran, die sich um den Erhalt und eine touristisch-kulturelle Nutzung des Kirchenraumes bemüht, in deutscher und tschechischer Sprache beschriftet.
Über den Burggraben führt eine Brücke zum Torhaus der Burg Seeberg
 
Flur im 1. Obergeschoss der Burg Seeberg
Die Innenräume der Burg Seeberg wurden vom Franzensbader Museum stilvoll eingerichtet
Das Innere der St.-Wolfgangskirche in Seeberg
Den krönenden Abschluss fand die Busexkursion der Marktleuthener Heimatforscher in der nothaftischen Stammburg Wildstein (Skalná). Es ist Herrn Miroslav Pumr zu verdanken, dass die 1225 erstmals erwähnte – am Ende des kommunistischen Regims fast zur Ruine verkommene – Burg heute ein stilvolles Restaurant ist. In der unvergleichlichen Atmosphäre gotischer Gewölbe ließen wir uns das Abendessen schmecken. Für eine Besichtigung des Burgmuseums in den Kellergewölben und des Feuerwehrmuseums unter dem Dach der zu neuem Leben erweckten Burg war die Zeit allerdings schon zu weit fortgeschritten.
 

Harald Stark

Abendessen in den Gewölben von Burg Wildstein
     

 

Rußbuttenträger an der Egerbrücke in Marktleuthen