Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen

 

Ein Nachmittag in Kleinlosnitz

 
Die Sonne lachte vom wolkenlosen Himmel, als sich ein Grüppchen Marktleuthener auf Einladung des Arbeitskreises für Heimatforschung auf den Weg machte, um das Oberfränkische Bauernhofmuseum Kleinlosnitz bei Zell am Waldstein zu besuchen. Museumsleiter Bertram Popp ließ es sich nicht nehmen, die Marktleuthener persönlich zu begrüßen und durch sein Museum zu führen. Er erzählte uns von den Anfängen des Museums im Jahr 1968, als der Künstler und Bauernhausforscher Karl Bedal alles daran setzte, um den "Dietelhof" in Kleinlosnitz vor dem Untergang zu bewahren. Richard Dietel, der letzte Besitzer des in den Jahren 1790/91 von dessen Ururgroßvater Johann Georg Dietel erbauten Vierseithofes, war gerade gestorben. Dieser - so Bertram Popp - hatte in seinem Leben viel Pech gehabt; doch gerade diesen tragischen Lebensumständen ist es zu verdanken, dass sich der Dietelhof in seinen ursprünglichen Formen und mit seiner größtenteils aus dem 19. Jahrhundert stammenden Ausstattung nahezu vollständig bis in unsere Tage erhalten hat. 1968, nach dem Tod Dietels, wäre dieser Hof den Anforderungen der modernen Landwirtschaft freilich nicht mehr gewachsen gewesen; Karl Bedal gründete einen Verein, dem es gelang - trotz vielfältiger Hürden und Widerstände - den Dietelhof in ein Museum zu verwandeln. Bald konnte auch der sogenannte "Wirtschaftshof", der einst ebenfalls der Familie Dietel gehörte, erworben werden. Er dient heute als Museumswirtshaus und beherbergt auch den Nachlass des 1999 verstorbenen Museumsgründers Karl Bedal. In der Scheune des "Wirtschaftshofes" wird zur Zeit eine Ausstellung über den Wandel der Kulturlandschaft Fichtelgebirge eingerichtet, die voraussichtlich im kommenden Jahr der Öffentlichkeit präsentiert werden wird. 1990 konnte das Freilichtmuseum durch ein Handwerkerhaus aus der Zeit um 1785 erweitert werden, das aus Saalenstein bei Hof auf das Museumsgelände übertragen wurde. Zuletzt entstand das Eingangsgebäude mit Archiv- und Magazinräumen, Museumskasse, Veranstaltungssaal und Sonderausstellungsbereich, das sich durch seinen modernen Baustil bewusst von den historischen Gebäuden des Freilandmuseums abhebt.
Das um 1785 erbaute Handwerkerhaus aus Saalenstein bei Hof befindet sich seit 1990 in Kleinlosnitz
Museumsleiter Bertram Popp begrüsst die Besucher aus Marktleuthen
Der Dietelhof mit seinem stattlichen Hausbaum
Neugierige Blicke in den B'hälter
Die gute Stube des Dietelhofes
Auf der Uafabenk
Vorratstopf für "Quärkla"-Käse

Im Dietelhof selbst wusste Fanni Schricker allerlei zu erzählten. Schon im hölzernen Torgebäude erfuhren wir viel wissenswertes über die dort ausgestellten Ackergeräte. Auch die Maulkörbe für die als Zugtiere verwendeten Rinder, sowie Brühtrog und Leiter als Utensilien zur Hausschlachtung fanden Erläuterung. Im kühlen Inneren des Wohnhauses lud die Ofenbank zur gemütlichen Runde ein. Der große gemauerte Kachelofen diente früher als Wärmequelle aber auch zum Kochen. In die vielen "Röhren" wurden die Kochtöpfe gestellt, die in noch früheren Zeiten auf dem gemauerten Herd auf einem "Dreifuß" über dem offenen Feuer standen. Fanni erzählte uns von den Mühen des Brotbackens, als der Teig über eine Stunde lang von kräftigen Armen im hölzernen Backtrog geknetet werden und dann mit geschickter Drehung in Brotlaibe geformt werden musste, und über die Funktion des durchlöcherten irdenen Käsetopfes, in dem die beliebten "Quärkla" aufbewahrt wurden.
Im Stall mit seinen prächtigen Kappengewölben, erklärte die Fanni den Gebrauch der Stallgerätschaften und unsere Nicole gedachte den armen Schweinen, die früher im dunklen, beengten Schweinekoben hausten. Im Obergeschoss gab es dann eine interessante Abteilung mit Geräten zur Flachsverarbeitung und Hausweberei, wobei wir auch auf die Bedeutung des Wortes "Waafn" zu sprechen kamen. Interessant waren auch die Einblicke in die Knechtkammer und die obere Stube des Bauern mit "Hetsche" und Babywiege.

Fanni erzählt vom Brotbacken
In der schwarzen Küche
"Backofengerätschaften"
Der "Küchenherd"
Der Stall des Dietelhofes
Schlafkammer der Bauernfamilie im Obergeschoss
Hofansicht des Dietelhofes
Da wir Werner Bergmann, der sich freundlicherweise dazu bereit erklärt hatte, uns in seine Sonderausstellung "Die Ehre auf dem Lande - Bayerische Orden und Ehrenzeichen in der ländlichen Region" einzuführen, nicht noch länger warten lassen wollten, verzichteten wir auf eine Besichtigung von Schupfe und Scheune und begaben uns zurück zum Eingangsgebäude. Werner Bergmann widmete sich in der von ihm erarbeiteten und gestalteten Ausstellung den Auszeichnungen für die unteren Bevölkerungsschichten und das niedere Beamtentum, wie sie seit dem 19. Jahrhundert vor allem im ländlichen Bereich und auch in unserer Region immer öfters anzutreffen waren. Dabei unterschied er in der Ausstellung sieben Teilbereiche. Die erste Abteilung widmete sich den bei den freiwilligen Feuerwehren ausgegebenen Auszeichnungen, wie dem seit 1884 vom bayerischen Staat für langjährige Dienstzeit verliehenen Feuerwehr-Ehrenzeichen und dem 1901 gestifteten Feuerwehr-Verdienstkreuz. Dann folgte die seit 1889 an Lebensretter verliehene Rettungsmedaille. Eine Vielzahl von Auszeichnungen begegneten uns in der dritten Abteilung für die Veteranen des bayerischen Heeres, während es in der vierten Abteilung um die bereits 1794 begründete Militär-Verdienstmedaille und das Militär-Verdienstkreuz für besondere Tapferkreit im Krieg ging. Weitere Abteilungen widmeten sich den Verdiensten bei der ersten Hilfe, für treue Dienste in Staatdiensten, bei gesellschaftlichen Organisationen und Vereinen. Eine letzte Abteilung war besonderen Auszeichnungen für Gutsbesitzer gewidmet. Werner Bergmann präsentierte in seiner Ausstellung eine Vielzahl von Orden- und Ehrenzeichen aus allen genannten Bereichen zusammen mit ihren Verleihungsurkunden und stellte die Hintergründe die zur Verleihung derselben führten, an einzelnen, aus der Region stammenden Persönlichkeiten dar.
Seinen Ausklang fand der Nachmittag im Wirtschaftshof des Bauernhofmuseums, wo wir uns im Schatten einer riesigen Kastanie von der Museumswirtin selbstgebackenen Kuchen, Hollerwasser aus eigener Herstellung und andere Leckereien kredenzen ließen.
Harald Stark
Ein Webstuhl war früher in vielen Bauernhäusern anzutreffen
Behältnis zum Hühnerfüttern
Blick in den "Wirtschaftshof"
Gemütlicher Ausklang im "Wirtschaftshof"

 

Rußbuttenträger an der Egerbrücke in Marktleuthen