Arbeitskreis für Heimatforschung Marktleuthen

Volkskundliche und heimatkundliche Sammlung
historischer Gegenstände und Geräte in Steinselb

von Monika Seidel und Claus Hetterich am Fuß des Kornbergs im Fichtelgebirge

Halbtages-Exkursion am 19. Oktober 2016

Nach Steinselb kommen wir Marktleuthener eher selten. Man fährt nicht durch, egal ob man Richtung Selb oder Schönwald fährt, meist fällt einem höchstens mal der Wegweiser auf. In dem schönen ruhigen Dorf haben Monika Seidel und Claus Hetterich einen Bauernhof mit einem Fachwerkhaus von 1728 sehr sehenswert hergerichtet. Ein naturnaher Bauerngarten und eine Sammlung historischer Gerätschaften ließ uns Heimatforscher aus Marktleuthen staunen.

Wer einen alle zwei Wochen kurz geschnittenen Rasen und eine penibel aufgeräumte Wohnung mag, der wird sich wahrscheinlich erst mal fremd vorkommen. Aber bei dem gibt es meist auch nichts zu entdecken. Ganz anders in der Sammlung von landwirtschaftlichen Geräten und Haushaltsgegenständen, die nur die älteren unter uns noch kennen oder von denen die Oma mal erzählte.
In Steinselb am Fuß des Kornbergs im Fichtelgebirge
Jahrzehnte lang, so berichtete uns Claus Hetterich, habe er bei den Sperrmüllsammlungen in der Region die Augen offen gehalten und auch bei diversen Wertstoffhöfen sei er ein sich häufig einstellender Gast. Auf diese Weise ist es ihm gelungen, schon viele volkskundlich höchst interessante Schätze vor der Vernichtung zu bewahren. Dabei hortet er nicht einfach nur alte Gegenstände, nein er beschäftigt sich auch mit ihnen. Er wälzt die einschlägige Fachliteratur, bestimmt die einzelnen Werkzeuge und weiß viel Interessantes von ihnen zu berichten. 2006 verfasste Claus Hetterich auch eine Ortschronik von Steinselb, in der sich viele Gegenstände seiner Sammlung abgebildet finden.

In der Scheune ist jeder Quadratzentimeter genutzt, und während die Älteren in Nostalgie schwelgen, muss man den Jüngeren erst erklären, wozu denn das eine oder andere Gerät eigentlich nutze war. Die Hausherren wussten zu den Ausstellungsstücken viele Geschichten zu erzählen und bei kniffligen Fragen konnte auch unser wandelndes Lexikon Harald Stark zur Lösung von Rätseln beitragen.
Historische Gebrauchsgegenstände in Steinselb im Fichtelgebirge
Wer weiß denn noch, dass es vor fast 100 Jahren schon Waschmaschinen gab, die wir heute gar nicht mehr als solche erkennen.
Volkskundliche Gerätschaften in Steinselb im Fichtelgebirge
Oder einen teilweise  wiederverwendbaren Weihnachtsbaum, auf den der Marktleuthener Flaschnermeister Georg Purucker in der Ziegengasse (heute Webergasse) im Jahr 1904 ein Patent zugesprochen bekam.
Puruckers Weihnachtsbaum aus Marktleuthen
Ein kompletter Kaufladen, wie er vor 100 Jahren aussah, rundet die Sammlung noch ab. Daneben gibt es auch Erinnerungsstücke längst vergangener Wirtshauskultur, allerlei Musikinstrumente und Werkzeuge verschiedenster Handwerksberufe zu bewundern. Mit manchen der hier ausgestellten Haushaltshelfer haben unsere Exkursionsteilnehmer früher selbst noch gearbeitet, andere Gegenstände gaben Rätsel auf, die auch durch gemeinsame Anstrengung nicht gelöst werden konnten.
Historischer Kaufladen
Nicht nur große Dinge gab es zu entdecken. Auch ganz unscheinbare kleine Gegenstände stehen zwischen den Geräten. Diese kleine Figur erinnerte mich an alte Zeiten, wenn zu meiner Figurensammlung wieder eine hinzukam, weil die Mutter Quieta Malzkaffee oder Linde's Kornkaffee gekauft hatte. Schon zwischen den Weltkriegen war es üblich, die Familien mit sogenannten Margarinefiguren zum sammeln an eine bestimmte Marke zu binden. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man dieses Marketing-Instrument wieder auf, aber am 1. März 1954 schloss die Margarine-Industrie einen Vertrag, diese Zugaben abzuschaffen. Danach setzten die Malzkaffee- und Kornkaffee-Hersteller die Tradition der Sammelfiguren noch eine Zeit lang fort.
Sammelfiguren, Margarinefiguren
So verging die Zeit wie im Flug, und wäre es nicht ein recht kalter Tag gewesen, so dass die kalten Füße manche an das warme Auto und die geplante Einkehr erinnerten, hätten wir sicher noch länger in alten Erinnerungen geschwelgt. Bei Sedat in den Marktleuthener Ratsstuben haben wir dann bei Pizza und anderem neumodischen Zeug noch von den alten Zeiten geschwärmt und über manches Gesehene gerätselt.

Die einzige Sammelfigur, die ich aus meiner Kindheits-Sammlung noch fand, ist dieses Schäfchen. Es trägt auf dem Sockel die Einprägung Ei fein! Erst schloss ich dadurch auf Nudeln. Es gab jedoch Margarine-Hersteller, die ihren Margarinen Eigelb zusetzten. 1959 wurde diesen Herstellern nach einem Rechtsstreit verboten, mit diesem Slogan zu werben, da der Eigehalt nur 1% betrug. Aus diesem Urteil wegen irreführender Werbung entstand die sogenannte Ei-fein-Doktrin, nach der heute noch Werbung beurteilt wird.
Sammelfigur, Margarinefigur, Schäfchen Ei fein!

Erwin Purucker, 2016
Rußbuttenträger an der Egerbrücke in Marktleuthen